civi ciceri visuell - Mario Ciceri

das
Imholz-Velo

das Imholz-Velo

Erinnerung

Mario Ciceri
gemeinsam
durch Schaffhausen
und die Schweiz
Vor etwa 65 Jahren hat mich ein Vater für seinen Sohn gekauft. Der Vater war passionierter Velofachmann und wusste um meine Qualitäten. Entgegen dem damaligen Trend von einfarbigen, unscheinbaren, meist schwarzen oder grauen Velos, war ich ein mehrfarbiges - ein echtes, mehrfarbiges Imholz-Velo.
Gemeinsam fuhren der Sohn und ich durch die Stadt und den Kanton, über den Jura, durch das Mittelland, über die Voralpen wie Alpen und haben so Schaffhausen und die Schweiz kennen gelernt.
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Imholz-Velo
21 Fotos

mehrfarbig
und mit
3-Gang-Schaltung

mehrfarbig und mit 3-Gang-Schaltung

Ich war stolz auf mich als Imholz-Velo. Meine Erscheinung zeigte mich als «bunter Hund» unter all den «grauen Mäusen». Und – dies vor allem, ich war stolz auf meine 3-Gang-Schaltung in der Nabe meines Hinterrades, denn dies war damals absolut Spitze. Na ja – das war Ende der 1950er-Jahre.

Der Vater schenkte mich seinem elfjährigen Sohn. Mit ihm kam ich viel rum. Er fuhr mit mir während Jahren in fast jeder freien Minute. Keine Strasse, kein Waldweg, keine Kurve in der näheren und weiteren Umgebung, die wir nicht kannten. Auch seine Schulferien haben wir zusammen verbracht. Er plante und fuhr mit mir kleinere, grössere und grosse oft auch mehrtägige Touren über den Jura, durch das Mittelland, in die Voralpen und Alpen. Gemeinsam lernten wir die Schweiz kennen. Er war mit mir in jedem Schweizer Kantonshauptort ausser – ja, ausser Glarus.

Nach der Schulzeit kam für meinen dann etwas älteren Fahrer die Lehre. Er lernte Schriftsetzer in der Druckerei Meier & Cie. Unsere gemeinsamen Ausfahrten wurden weniger und weniger. Zusätzlich zur Lehre, zusätzlich zur von ihm gepflegten, damals noch analogen Fotografie und zusätzlich zur ebenfalls zeit- wie arbeitsintensiven Filmerei im damaligen Normal-8-Format, fehlten ihm einfach die Stunden für mehr und längere Ausfahrten. Vergessen hat er mich nie, aber ich stand im Veloschuppen und wurde immer unansehlicher.

Das Patenkind meines inzwischen zusammen mit mir ebenfalls älter gewordenen Fahrers, ist auch einige Male mit mir zusammen auf meinen Rädern gewesen. Aber eigentlich war klar, dass dieses Patenkind sich ein schnittiges Rennvelo mit 20-und-noch-mehr-Gängen wünschte statt mich, ein Tourenvelo mit gerade mal einer 3-Gang-Schaltung. Ich wurde zurückgeholt, stand anfangs in einem Keller und dann, nach einem Umzug, wieder in einem Veloschuppen. Die Zeit verging, verging und ging nicht spurlos an mir vorüber.
Doch plötzlich – Wunder geschehen! Die Frau meines jetzt seit längerem verheirateten Fahrers holte mich mit meinen damals 40 Jahren wieder an das Tageslicht. Sie sorgte dafür, dass ich zu Alois Imholz in Schwyz zur Überholung gebracht wurde. Alois war zu jener Zeit über 90 Jahre alt und lebt heute nicht mehr. Er hat mich liebevoll, mit grossem Aufwand wieder fit gemacht und restauriert. Ich bekam einen aufgefrischten Anstrich in meinem bisherigen Hellblau-Türkis. Mein jetzt nicht mehr junger Fahrer, in der Zwischenzeit Grafiker geworden, sagt zu der Farbe ein aufgehelltes, grünliches Blau mit Verläufen in bläulichem Rot und ganz feinen, goldenen Zierkanten und -linien. Alois Imholz malte diese mit feinem Pinsel in 90jähriger Hand. Ich strahlte und ich erstrahlte in neuem Glanz. Und ich war wieder sehr wertvoll – ein Mehrfaches des ehemaligen Kaufpreises.

Aber trotz meiner zurückgewonnenen Fitness, trotz des sehr schönen neuen Aussehens, gelangte ich leider nur noch selten zum Einsatz; nur wenige, für mich viel zu wenige Fahrten. Dies hatte seinen Grund auch darin, dass mein auf diese Art «leider-nicht-mehr-Fahrer» in der knapp bemessenen Freizeit mit seinen Hunden längere Wanderungen unternahm, derweil ich zu Hause blieb. Und dennoch tat er sich immer sehr schwer damit, mich einfach so wegzugeben, mich einfach so abzuschieben. In seinem Kopf sind wir noch immer ein Team, ein Team aus vergangenen Zeiten. Je älter er wird, desto öfter denkt er zurück an unsere gemeinsamen Fahrten, Erlebnisse und Abenteuer – einen kleinen Teil davon hat er viel früher schon aufgeschrieben und mit Fotos ergänzt.

Heute aber, nach weiteren Jahren – jetzt könnte er sich vorstellen, mich jemandem zu geben, der mit mir fährt, mit mir ein zweites Team werden könnte; mit mir vielleicht noch Glarus sieht?

Ich freue mich auf zukünftige Fahrten.
das Imholz-Velo

erfreulicher Nachtrag:
Wer in Solingen ist, könnte mich auf dessen Strassen sehen.
Kleinigkeiten zeigen, wer Grösse hat.
Fotoworte Band 3
Fotos beim Wort genommen
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Sachen und
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das Imholz-Velo mit ihm gemeinsam die Schweiz kennen gelernt